Verantwortliche Personen
Seit der NBauO-Novellierung im Jahre 2012 besteht die in § 55
NBauO geregelte Verpflichtung zur Bestellung einer Bauleiterin
oder eines Bauleiters. Die Verpflichtung zur Bestellung einer Bauleiterin
oder eines Bauleiters war ursprünglich mit der Änderung
der Bauordnung im Jahr 1986 aufgehoben worden, weil die
Verpflichtung der Bauherrin und des Bauherrn sowie der Unternehmen
zur Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften als ausreichend
angesehen wurde. Mit Rücksicht auf die in der Zwischenzeit
erfolgten Veränderungen auf den Baustellen wird das
ordnungsgemäße Ineinandergreifen der Bauarbeiten jedoch nicht
immer als gewährleistet angesehen. Daher ist die Verpflichtung
zur Bestellung einer Bauleiterin oder eines Bauleiters wieder eingeführt
worden. Die Bauleiterin bzw. der Bauleiter hat darüber zu
wachen, dass die Baumaßnahme entsprechend der öffentlichrechtlichen
Anforderungen durchgeführt wird, ferner hat er die
dafür erforderlichen Weisungen zu erteilen.
Die im Einzelfall notwendige Qualifikation dieser Person ist je
nach Art des konkreten Vorhabens zu bestimmen. Es obliegt der
Bauherrin oder dem Bauherrn, sich von der Eignung der vorgese-
henen bauleitenden Person zu überzeugen.
5.2 Verfahrensrechtliche Änderungen
Das derzeitige Baurecht in Niedersachsen unterscheidet verfahrensrechtliche
Grundtypen, die nachstehend benannt und hinsichtlich
ihrer Anwendungsbereiche und Prüfinhalte erläutert
werden.
Verfahrensfreie Baumaßnahmen
Gemäß § 60 Abs. 1 NBauO in Verbindung mit dem Anhang zur
NBauO ergibt sich ein Katalog der verfahrensfreien Baumaßnahmen,
also der von einem Baugenehmigungs- oder Genehmigungsfreistellungsverfahren
gänzlich ausgenommenen Vorhaben. Unter diese
Vorschrift fallen nun zum Beispiel Garagen bis zu 30 m2, Terrassenüberdachungen
mit nicht mehr als 30 m2 und gebäudeunabhängige
Solarenergieanlagen bis zu einer bestimmten Größe. Es gibt im Anhang
ca. 100 vergleichbare, namentlich genannte bauliche Anlagen,
die baurechtlich von geringer Relevanz sind, sodass auf eine präventive
Prüfung verzichtet werden kann. Unberührt hiervon bleibt natürlich
die Verantwortung der Bauherrin oder des Bauherrn für die
Einhaltung der materiellrechtlichen Anforderungen.
Genehmigungsfreie Baumaßnahmen
§ 62 NBauO regelt u. a. die Genehmigungsfreistellung für Wohngebäude
bis zu der Gebäudeklasse 3 (Gebäude mit geringer Höhe)
und für Wohngebäude mit Räumen für freie Berufe in durch Bebauungsplan
ausgewiesenen Wohngebieten. Weiterhin gilt die
Genehmigungsfreistellung für sonstige Gebäude der Gebäudeklassen
1 bis 2 in Gewerbe- und Industriegebieten. Als Formerfordernis
ist allerdings ein förmliches Mitteilungsverfahrens durchzuführen.
Der Bauherrin bzw. dem Bauherrn bleibt jedoch eine
Wahlfreiheit zwischen Genehmigungsfreistellung einerseits und
dem vereinfachten Baugenehmigungsverfahren andererseits.
Vereinfachtes Baugenehmigungsverfahren
Vom Anwendungsbereich des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens
(§ 63 NBauO) sind alle genehmigungspflichtigen baulichen
Anlagen erfasst, die nicht Sonderbauten sind. Dieses Verfahren
wird dadurch zum Regelverfahren in Niedersachsen. Im
vereinfachten Genehmigungsverfahren erfolgt keine vollständige
baurechtliche Prüfung, dementsprechend ist das Verfahren auch
kostengünstiger.
Zum Prüfungsumfang des vereinfachten Baugenehmigungsverfah-
rens gehören nach § 63 Abs. 1 Satz 2 NBauO im Wesentlichen das
städtebauliche Planungsrecht, die Abstandsvorschriften, die Stell-
platzpflicht, „bautechnische Nachweise“ und „sonstige Vorschrif-
ten des öffentlichen Baurechts“, nämlich die sogenannten Baunebenrechte,
wie zum Beispiel das Denkmalschutzrecht, das
Immissionsschutzrecht, das Wasserrecht sowie das Natur- und
Landschaftsschutzrecht. Die Zulässigkeit einer Abweichung wird nur
auf besonderen Antrag entschieden, der begründet werden muss.
Baugenehmigungsverfahren
Das vormals generell durchzuführende Baugenehmigungsverfahren
ist seit der NBauO-Novellierung in § 64 NBauO normiert und
wird nur noch für Sonderbauten angewendet. Sonderbauten sind
gem. § 2 Abs. 5 NBauO unter anderem Hochhäuser, größere Bürogebäude,
größere Versammlungsstätten, Krankenhäuser und genehmigungspflichtige
Anlagen nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz.
Dieses Verfahren sorgt weiterhin für eine umfassende Prüfung der
auf das jeweilige Bauvorhaben vorgegebenen Anforderungen des
öffentlichen Baurechts und zielt damit auf eine Baugenehmigung
als umfassende öffentlich-rechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung
ab.
Bautechnische Nachweise
§ 65 NBauO enthält Regelungen über die hoheitliche Prüfung der
bautechnischen Nachweise, insbesondere der Standsicherheit
und des Brandschutzes. Die Vorschrift sorgt dafür, dass eine Reduzierung
staatlicher Prüftätigkeit zum Beispiel bei den Verfahren
nach §§ 62 oder 63 NBauO nicht zu einem Verlust an Sicherheit
und Bauqualität führt. Die Prüfung der bautechnischen Nachweise
bezüglich der Standsicherheit und des Brandschutzes erfolgt demnach
in der Regel nach dem schon länger im Baurecht verankerten
„Vier-Augen-Prinzip“. Hierbei wird zunächst die Tragsicherheit
seitens des Bauherrn durch privatrechtliche Inanspruchnahme
eines Spezialisten überprüft, danach wird ferner die Standsicherheit
durch die Behörde oder mittels eines Prüfingenieurs auf
Kosten der Bauherrin oder des Bauherrn kontrolliert.
(aus: „Informationen zur aktuellen NBauO“ des Niedersächsischen
Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration)
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